Der 9. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Hamm hat mit Beschluss vom 5. November 2013 entschieden (Az.: 9 U 124/13), dass ein Kletterer, der beim Klettern in einer Kletterwand abstürzen, da sein Sicherungspartner aus Fahrlässigkeit die Seilbremse gelöst hat, grundsätzlich einen Anspruch auf Zahlung von Schadenersatz und Schmerzensgeld hat.
Im Juni 2011 wollte die seinerzeit 40-jährige Klägerin in einem Klettergarten eine Wand hochklettern. Dabei war sie im als besonders sicher geltenden, sog. Toprope-Verfahren durch ein Seil gesichert.
Nachdem die Klägerin die Spitze der Wand erreicht hatte, löste ihr am Boden befindlicher Sicherungspartner ohne Ankündigung, und ohne dass ihm die Klägerin das in der Kletterpraxis übliche Kommando „Stand“ zugerufen hatte, die Seilbremse. Daraufhin stürzte die Frau aus 15 Meter Höhe in die Tiefe und zog sich infolge dessen schwere Verletzungen zu.
Der Sicherungspartner hielt ihre gegen ihn erhobenen Schadenersatz- und Schmerzensgeld-Ansprüche für ungerechtfertigt, da er sich auf den bei Wettkampfsportarten geltenden stillschweigenden gegenseitigen Haftungsverzicht berief. Denn die Klägerin habe sich wie bei einem Wettkampf bewusst einem erhöhten Verletzungsrisiko ausgesetzt.
Sowohl vor dem Landgericht als auch vor dem Hammer Oberlandesgericht unterlag der Sicherungspartner.
Nach richterlicher Überzeugung hat der Beklagte fahrlässig gehandelt, als er die Seilbremse löste, ohne dass ihm die Klägerin das dafür vorgesehene Kommando „Stand“ gegeben hatte. Daher ist er in vollem Umfang zur Zahlung von Schadenersatz und Schmerzensgeld verpflichtet.
Nach Auffassung des Gerichts kann sich der Beklagte auch nicht auf den für Wettkampfsportarten geltenden stillschweigenden gegenseitigen Haftungsverzicht berufen. Denn es sei bereits zweifelhaft, ob beim Klettern mit wechselnder Absicherung eine vergleichbare Gefahrensituation besteht.
Jedenfalls besteht keine Situation, in der die Beteiligten unter Einhaltung bestimmter Regeln ihre Kräfte messen und sich in der sportlichen Interaktion gewissen Verletzungsrisiken aussetzen. Es besteht vielmehr eine strikte Aufgabenverteilung, bei der sich der Kletternde auf das Klettern und der Sichernde auf die Sicherung des Kletternden konzentrieren können.
Darüber hinaus sind die Risiken beim Klettern in einem Kletterpark anders als bei Wettkampfsportarten gewollt, vorhersehbar und durch die grundsätzlich vorhandene Absicherung kontrollierbar. Ferner hat der Beklagte den Sturz der Klägerin durch eine gewichtige Regelverletzung verursacht. Das aber begründet auch bei Sportarten mit einer erheblichen Gefährdungs- und Verletzungsgefahr eine Haftungsverpflichtung.
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